Prost, Herr Ziegler!
Zur Aufklärung des Ersten Stadtrates Burkhard Ziegler, was Investitionen für Sicherheit und Umweltschutz in der Kläranlage betrifft. (Bericht Stadtspiegel vom 18.11.2020)
In Mörfelden wird eine vierte Reinigungsstufe der Kläranlage gebaut, für die es noch keine gesetzliche Verpflichtung und Regelung gibt. Es laufen immer noch Versuchsstudien, welche Lösung die beste und richtige ist. Viele Gemeinden können sich den teuren Umbau auch gar nicht leisten. So wird es noch Jahre dauern, bis das Gesetz den Bau einer solchen vierten Stufe vorschreibt. Die Mörfelder Anlage wird bis dahin schon wieder veraltet sein. Der Erste Stadtrat Burkhard Ziegler betont immer wieder, die Kläranlage in Mörfelden-Walldorf sei ein Vorreiter in Sachen Umweltschutz, sie werde eine der besten in Hessen sein. Das Wasser, das nach dem Umbau hinten rauskommt, könne man beinahe trinken. Dieser Satz ist irreführend. Das Wasser im Ablauf wird auch mit der vierten Reinigungsstufe immer Abwasser bleiben. Es ist kein Trinkwasser.
Bei Starkregen wird’s dreckig
Mehr noch: Bei Starkregenfällen verwandeln sich die Kläranlage und das Pumpwerk Walldorf in Dreckschleudern. Warum? Es sind in jeder Kläranlage Sicherheiten für besondere Ereignisse, wie Unwetter mit Starkregen, vorgesehen. Das ist auch in Mörfelden-Walldorf der Fall. Jedoch wirken sich hier die Fehlplanungen beim Umbau der Kläranlage Walldorf zu einer Regenbehandlungs-anlage mit Pumpstation aus (die Einweihung der Anlage war im Jahr 2002). Der damals vorhandene Rechen wurde bei diesem Umbau nicht durch einen neuen Rechen ersetzt. So wird ein großer Teil des Walldorfer Abwassers ohne mechanische Reinigung nach Mörfelden gepumpt. Das verursacht schon seit 18 Jahren Verstopfungen in den Pumpen, und hat in diesem Zeitraum viele zehntausende Euro an Reinigungsarbeiten durch Fremdfirmen gekostet.
Bei starkem Regen wird Abwasser, das die Anlage nicht mehr aufnehmen kann, nach außen abgeleitet. In Walldorf in den Gundbach, und in Mörfelden, vom Pumpwerk Schwimmbad, in den Geräthsbach. Da ein Rechen fehlt, geschieht dies ohne einfache mechanische Reinigung. Diese massive Umweltverschmutzung wird jetzt schon seit 18 Jahren betrieben. Zwar hat Herr Ziegler diese Planung, die vor seiner Zeit stattfand, nicht zu verantworten. Aber er hat sich mit den Umweltfolgen dieser Fehlplanung anscheinend bis heute nicht ernsthaft befasst. Das sieht man an seiner Aussage, Rechen seien zu teuer. Auf der Kläranlage in Mörfelden werden zehntausende Euro für Schnickschnack ausgegeben, wie z. B. einen Baubesprechungscontainer mit Heizung, neuen Möbeln, einer Küche und einem Flatscreen Bildschirm. Für einen Rechen in Walldorf ist jedoch kein Geld da.
Säckeweise Schmutz auf der Wiese und am Bachufer
Herr Ziegler sollte sich einmal bei einem Starkregenereignis an den Überläufen ansehen, wie stark die Umweltbelastung tatsächlich ist. Das Abwasser wird komplett mit den Inhaltsstoffen, die in einer Toilette runtergespült werden (dazu gehören Toilettenpapier, die feuchten Tücher, Wattestäbchen , Kondome und vieles mehr) in die beiden Bäche eingeleitet. Von dort fließt es, mit Regenwasser verdünnt, in das Trinkwasserreservoir „Hessisches Ried“. Die Umweltverbände können dann bei ihren jährlichen Müllsammelaktionen noch säckeweise die Überreste, die nicht weggespült wurden, auf der Wiese im Erdbecken und an den Ufern der Bäche aufsammeln. So wurde uns von ehemaligen Mitarbeitern der Kläranlage erzählt, dass der damalige Anlagenleiter außerhalb seiner Dienstzeit auf der Wiese herumlief und die liegengebliebenen Kondome aufsammelte. Auch nach der Renaturierung des Geräthsbachs hat sich daran nichts geändert – er fließt jetzt sogar mitten durch das Erdbecken. In vielen Gemeinden wurden für solche Zwecke große Regenrückhaltebecken gebaut. Dort wird das Schmutzwasser gelagert und später der Kläranlage für die Reinigung zugeleitet. Sollte die Kapazität der Becken nicht ausreichen, wird das Wasser nach einer mechanischen Reinigung dosiert in den Vorfluter geleitet. In Mörfelden-Walldorf sind diese Becken viel zu klein. Auch das hätte man beim Umbau in Walldorf berücksichtigen müssen. Platz war genug vorhanden. Wie viel Abwasser auf diese Weise abgeschlagen wird, und wie viel Abwasser bei einem Regenereignis durch die Kläranlage gereinigt wird, sollte sich feststellen lassen. Alle Überläufe sollten in Protokollen dokumentiert sein. Es werden bei den immer öfter vorkommenden Starkregenfällen nicht wenige in einem Jahr sein.
Deshalb: Prost, Herr Ziegler, lassen Sie sich das Auslaufwasser schmecken!